Wirklich hatte man sich im spanischen Lager schon angeschickt, die erlittene Niederlage unter den Augen des Königs zu rächen. Der tapfere Heerführer Gonzalvo von CordovaGonzalo Fernández de Córdoba, ein berühmter spanischer General und Staatsmann, bekannt als "El Gran Capitán". ritt bestürzt neben den königlichen Herrschern, die nicht anstanden, das blutige Leichenfeld zu sehen, und mußte Vorwürfe des Gebieters über Sorglosigkeit hören, was den nachfolgenden Geistlichen eine geheime Freude zu machen schien. Das Geschütz wurde von Neuem auf die Werke gerichtet und traf schon die hervorragenden Moscheen der Stadt, einst christliche Kirchen; man bereitete einen Sturm auf die Wälle, hier arbeiteten Minirer, die Höllenschlünde zu der unglücklichen Stadt immer weiter und weiter vorzuführen, dort stand die Mannschaft bereit, etwaige neue Ausfälle kräftig zurückzuschlagen.

Aber auch an diesem Tage wurde die spanische Tapferkeit durch die standhafte Wehr der Moslemin vereitelt, man sah, daß unzerstörbare Schanzen hinter den Wällen aufgethürmt waren, man sah die durch die gereichten Lebensmittel erfrischten und durch den Erfolg belebten arabischen Krieger rüstig arbeiten und das Geschoß der maurischen Reiterei traf manchen Jüngling von den Ufern des ManzanaresEin Fluss, der durch Madrid fließt. und TejoAuch bekannt als Tagus, der längste Fluss der Iberischen Halbinsel.. Düstern Sinnes kehrte FerdinandFerdinand II. von Aragon, einer der "Katholischen Könige" Spaniens., beängstigt IsabelleIsabella I. von Kastilien, Ferdinands Ehefrau und Mitregentin. nach Santa=FeEine Stadt, die von den christlichen Königen während der Belagerung Granadas als Militärlager gegründet wurde. zurück.

Da trat in das königliche Gemach Thomas von TorquemadaDer erste Großinquisitor der spanischen Inquisition, bekannt für seine Härte und seinen Eifer in der Verfolgung von Häretikern. ein, ein Mann, auf dessen Gesicht nie ein Lächeln gewohnt, die funkelnden schwarzen Augen mit dicken Brauen besetzt, die niedere Stirn immer gerunzelt; das krampfhafte Zucken der Mundwinkel bei seinem Sprechen verrieth dem Beobachter das Toben im Innern der Brust und die Anstrengung, diese Gefühle unter dem Schein der Ruhe zu verbergen. Selbst beim Könige merkte man den Eindruck, den die Erscheinung dieses Mannes auf ihn machte.

„Ich komme vielleicht zu unrechter Zeit, Monarch“, redete er den König an.

„Die Wacht des Glaubens, Großinquisitor, findet die Könige Aragoniens und Kastiliens immer zu hören geneigt.“

„Weil der Glaube der Schutz des Thrones und die Bedingung des spanischen Ruhmes ist.“

„Fehlt es an diesem in unserer Brust, heiliger Mann?“

„Der Glaube ist kalt und wirkungslos, Majestät, wo ihn der Eifer nicht beseelt. Doch zur Sache, erhabener Herrscher! Vergebens verlieren wir die Blüthe unserer Jugend im Kampfe gegen diese maurische Brut, in meines Königs Erbländern ist der Rost, der die spanischen Waffen bedeckt. Wahrlich, so lange dort die Ketzerei nicht ausgerottet ist, erflehen wir vergebens des Erlösers Hülfe gegen die Ungläubigen.“

Ferdinands Blick wurde gespannt.

„Der Inquisitor von Sevilla berichtet mir, daß man unter den Gemeinden, die den Namen der neuen Christen heuchlerisch angenommen, schändliche Marannos im Ueberfluß gefunden. Sie haben unsere heilige Religion zur Maske herabgewürdigt, hinter welcher sie ungefährdeter niedere Zwecke zu erreichen streben. Man traf sie bei ketzerischen Gebräuchen, das maccabäische Weihfest feiernd, man traf sie bei ihren gottesläugnenden Büchern am Judensabbathe, man fand ihre Gebetmäntel in verborgenen Schreinen, man sah Väter aus der Kirche kommend und dennoch ihre Söhne in falschen Glaubenslehren unterrichtend, und um die Schändlichkeit auf das Höchst zu treiben, sie haben das heilige Kreuz verhöhnt, sie haben die Hostie durch Feuer entweihet, sie haben das Bild der Gebenedeiten in dunkle Kammern gehängt, wo sie es schmähten, verletzten ...“

„Und habt Ihr Beweise,“Textverderbnis. fiel hier Isabelle dem immer mehr in Eifer gerathenden Priester in's Wort, „habt Ihr Beweise solcher Greuel?“

„Kann solches dem wachsamen Auge der Kirche entgehen, Königin? gelten die Eidschwüre wahrer Christen gegen das Läugnen der Marannos nicht? Es handelt sich hier nicht um Beweise, es handelt sich um Strafe; verzögert Ihr diese, so ist des Himmels Rache für Spanien zu fürchten.“ Beide Monarchen standen in sich gekehrt da. Der Großinquisitor, den Eindruck seiner Worte merkend, fuhr fort: „Ein allgemeines Murren hat sich im Volke verbreitet, unsere Sorge sei, daß diese Unzufriedenheit das Heer nicht anstecke. Diese Schmarotzerpflanzen des stolzen Gewächses katholischer Religion saugen ihr das Mark aus. Nur der Arm der Kirche konnte sie dem vorschnellen aber gerechten Urtheile des Volkes entziehen.“

„Und was wollt Ihr von mir?“ sprach Ferdinand, „habe ich Euern Arm so stark gemacht, bedürfet Ihr noch meinen Rath?"

Torquemada fühlte den Vorwurf. „Wohl bedarf es dessen, Majestät, denn des Königs Gerechtigkeit steht neben der Kirche. Es bedarf Eures Befehls, erhabener Herrscher von Aragonien und Kastilien, um hier in Santa=Fe vor dem Auge des Heeres durch eine feierliche Auto da FeÖffentliche Zeremonien während der spanischen Inquisition, bei denen Urteile verkündet und Strafen vollstreckt wurden. die Gottheit zu versöhnen, das Herz der Soldaten zu gewinnen und den Mauren die Strafe eines langen Widerstandes fürchten zu lassen. Wie lange soll noch auf Spaniens heiligem Boden ein anderer als ein wahrer Christ sich König nennen, wie lange soll in den ehemals christlichen Tempeln das Geschrei der Imans ertönen?" Der Priester wendete, sich jetzt vertrauensvoll zu Ferdinand: „König, die Zeit drängt, glaubet mir, mit den MarannosBezeichnung für zwangskonvertierte Juden, die im Geheimen ihre Religion weiter praktizierten. und Mauren stehen widerspenstige Granden in Verbindung, die mit Eifersucht die Macht der Könige wachsen sehen und auf unerwartete Niederlagen hoffen, ihre gedemüthigte Stellung zu verändern. Dies hatte getroffen. — Das Heer vernahm jauchzend die Kunde des baldigen Glaubensfestes.